Heimatverein Egestorf e.V.

In der ‚Schulchronik von Evendorf’ befinden sich Aufzeichnungen über die Kriegszeit 1914-1918, hier einige Auszüge:

1914. Im Anfange August d. J. brach der unglückselige Krieg aus. Die Wogen der Begeisterung schlugen wie im ganzen deutschen Vaterlande, so auch hier, hoch. Doch war gleich vorauszusehen, dass die Kämpfe unendlich viel Blut fordern würden.

 

Am 25. August machte der Lehrer mit den Rad fahrenden Schülern einen Ausflug nach Munster, um die Kriegsgefangenen zu besehen.

1915. In diesem Jahre hat es in 6 Wochen vom 15. Mai bis 26. Juni hier nicht geregnet. Dazu gab es mehrmals Nachtfröste, am 1., 20. und 21. Juni, so sind viele Kartoffeln, Bohnen und Buchweizen abgefroren. Die erste Heuernte war spärlich. Nachher kam reichlich Regen, sodass die Ernte noch dadurch verzögert wurde.

Die Preise für die Lebensmittel wurden während des Krieges recht hoch, es kostete z. B.

1 Pfund Butter über 3 Mark, 1 Pfund Speck über 2 Mark, 1 Pfund Rindfleisch 1,40 Mark.

 

1916. (August). Die Roggen- und Haferernte ist in diesem Jahr sehr gut. Es fehlt nur an Arbeitskräften, um diesen großen Segen unter Dach zu bringen.

Eine kleine Erleichterung schaffte die Militärbehörde durch ihre Maßnahme, Soldaten aus dem Lager Munster zur Erntearbeit zu kommandieren.

Seit dem 12. August besteht das Radfahrverbot. Das liebe Zweirad wird schmerzlich vermisst von den Landleuten und auch vom Lehrer. Die Bahnverbindung ist mangelhaft. Ob deutscher Erfindergeist einen Ersatz für Gummi schaffen wird?

 

Im Winter 1916/17 wurde zugunsten der Munitionsarbeiter die Hindenburgspende eingesammelt, die auch in Evendorf einen sehr guten Ertrag gab. Das Fahrradverbot wurde sehr unangenehm empfunden. Wer des Rades bedurfte, musste ein Gesuch an das Landratsamt richten. Später gab das Generalkommando die Erlaubnis des Radfahrens. Der Tischler Karl Lemcke versuchte, eine Holzbereifung herzustellen. Er legte Eichenzweige um einen dicken Baum, um den Zweigen die runde Form zu geben, hobelte sie glatt und schon war die Bereifung fertig.

Manch einer lachte sich heimlich ins Fäustchen, wenn er an die wohlversteckte Gummibereifung dachte. Doch schon nahte der Wachtmeister, der von Haus zu Haus ging und den wertvollen Stoff einsammelte.

Um den Hinterbliebenen der Gefallenen zu helfen, fand eine Gold- und Silbersammlung statt. Als Andenken erhielten die Geber einen Eisenring mit der Inschrift: „Vaterlandsdank“. Auch die Soldaten da draußen bemühten sich, aus der Heimat Gold und Silber zu erhalten, winkte doch als Lohn der Urlaub. Gesammelt wurde von nun an alles: Blei, Kupfer, Zink, ja sogar ausgekämmtes Frauenhaar.

Die Unsicherheit wird immer größer. Die Diebstähle mehren sich. Die Verordnungen nehmen überhand. Die Leute wissen bald nicht mehr, was verboten und was erlaubt ist. Der „Wachtmeister“ ist zu einer sehr gefürchteten Persönlichkeit geworden. Das Brennen von Roggen zur Herstellung von Kaffee ist verboten. Was für ein froher Tag war früher das Schlachtfest; das war einmal.

Der hamsternde Städter ist eine tägliche Erscheinung. Die Not in den Städten wird immer größer. Aber auch in das Hamstern greift der Arm des Gesetzes. Hilfswachtmeister sorgen auf den Bahnhöfen und Landstraßen dafür, dass das, was mühsam zusammengehamstert ist, mit „Beschlag“ belegt wird.

 

Im Sommer 1917 begann ein merkwürdiges Leben und Treiben in der Heide. Da das Pferdefutter im Felde knapp wurde, begann man, Heide dafür zu verwenden. Die Heidekäufer zahlten sehr gute Preise, auch für das Mähen. Wer irgendwie Zeit erübrigen konnte, mähte Heide.

Ein besonderes Erlebnis hatte unser Dorf noch in diesem Jahre. Gustav Sellhorn war zu den Fliegern gegangen und als Fluzeugführer ausgebildet. Eines Abends, nach dem Abendessen, umkreiste ein Flugzeug unser Dorf. Immer tiefer zogen sich die Kreise, immer tiefer senkte sich das Flugzeug. Neugierig kamen die Evendorfer aus ihren Häusern hervor. „Dat is Mattens Guschen!“ Auf dem Kahlenberge landete das Flugzeug. Es war wirklich Gustav Sellhorn, der mit seinem Flugzeuge seinem Heimatdorf einen Besuch abstattete. Am nächsten Tag besichtigte die Schuljugend das Flugzeug. Am nächsten Abend, bestaunt von einer großen Menschenmenge, stieg Herr Sellhorn wieder auf. Leider fiel Herr Sellhorn schon im Anfang des Jahres 1918 in Frankreich. Sein erster Flug in Feindesland war auch sein letzter.

Neben der Heide wurde auch das Laub gesammelt, um als Pferdefutter Verwendung zu finden. An schönen Tagen gab es schulfrei und es ging in die nahe Forst, um Laub zu sammeln. Für das Geld wurden Spielgeräte und Bilder angeschafft.

 

So kam das Jahr 1918 heran. Es brachte uns den Friedensschluß mit Rumänien und Russland. Drohend stiegen die Gewitterwolken am Himmel empor. Die Revolution im ehemaligen Zarenreich erfüllte viele Gemüter mit banger Ahnung. Wurden doch auch schon in unserer Heimat Stimmen laut, die mit Gewalt den Frieden forderten. Die Not in den Städten musste ungeheuer groß sein. Was für Gestalten ließen sich in unseren Dörfern sehen. Der November kam. Wir hier in Evendorf hatten uns nicht so sehr um das Leben da draußen gekümmert. Und so kam es doch einigermaßen überraschend. Der alte stolze Bau unseres Vaterlandes ging in Trümmer! Arbeiter und Soldatenräte regierten im Land, auch in unserem Kreise. Revolutionsweihnachten

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