Heimatverein Egestorf e.V.

In Egestorf wurde bereits im 16. Jahrhundert Schulunterricht erteilt, jedoch nur stundenweise. Im Sommer fiel er meistens aus, weil die Kinder auf den Höfen als Hilfskräfte benötigt wurden. Intelligente Schüler hatten kaum eine Chance auf Weiterbildung an Schulen in der Stadt oder in kirchlichen Einrichtungen. Sie mussten dort untergebracht werden, und die Ausbildung verursachte Kosten, die unsere armen Bauern nicht aufbringen konnten. Später kam es doch schon mal vor, wie die Lebensbeschreibung des Egestorfer Bauernsohns Johann Peter Heinrich Tödter aus dem Haus Nr. 1 (Främbs Hof, jetzt Blumenberg-Neven) zeigt. Er beschreibt, wie es ihm von 1844 bis 1863 erging. In der Kirchenchronik steht, dass sein Vater als Interimswirt auf dem Hof tätig war bis der Hoferbe mündig wurde. Dann zog das Ehepaar Tödter mit den Töchtern in das Haus Nr. 25 „Auf dem Peit“ am Hauskoppelweg. Der letzte Besitzer Heinrich Tödter starb 2004, das baufällige Reetdachhaus aus dem Jahr 1848 wurde 2005 leider abgetragen. Einige Gegenstände von hier sind im Dorfmuseum ausgestellt, darunter auch die Wasserpumpe am Seiteneingang von Dresslers Hus.

 

Meine Lebensbeschreibung

Am 28. April anno 1844 wurde ich in dem Dorfe Egestorf, unweit Winsen an der Luhe, geboren. Mein Vater ernährte meine Geschwister, nämlich 4 Brüder und 2 Schwestern, und mich von seiner Vollhofstelle. Zu Ende des Jahres 1850 verheiratete sich mein ältester Bruder und übernahm die Wirtschaft. Meine lieben Eltern zogen nun mit meinen beiden Schwestern in ein kleines Häuschen ein, in welchem sie seitdem ihr Leben ruhig zubringen. Ich, mit meinen Brüdern, blieb am Hofe. Noch nicht sechs Jahre alt, wurde ich in die Schule geschickt. Die ersten Schularbeiten wurden mir sehr schwer, es ging mehr als ein ganzes Jahr hin, ehe die ersten Buchstaben der Fibel fest saßen. Sprüche und Liederverse lernte ich durch Zuhören bei den älteren Brüdern. Im Hause und in der Schule lernte ich Gehorsam, Arbeit und Gebet. Im achten Jahre lag ich sterbenskrank darnieder, so dass man alle Hoffnung auf Genesung aufgab, aber durch Gottes Hülfe und die treue Pflege der Meinigen ward meine Gesundheit wieder hergestellt. In den letzten Jahren meiner Schulzeit hütete ich während des Sommers das Vieh meines Bruders und beschäftigte mich mit Landarbeiten, im Winter durfte ich nie die Schule versäumen. Meinen Confirmandenunterricht empfing ich von dem Herrn Pastorn Deecke zu Egestorf, dem ich noch heute für den guten Unterricht danke. In der Schule konnte übrigens nicht viel gelernt werden, da sie theils zu sehr gefüllt, theils aber mit nur geringen Hoffnungen entlassen, als ich nach meiner Confirmation, Ostern 1858, nach meinen Eltern ging. Hätte meine kindliche Neigung die Wahl des Berufes bestimmen können, ich wäre Landmann geworden oder unter das Militär gegangen, aber es sollte anders kommen. Zur Arbeit noch zu schwach, schickten meine Eltern mich nach dem Candidaten Warnstedt in Egestorf zum Unterricht. Von ihm erhielt ich wöchentlich vier Stunden im Rechnen, Französischen und im Deutschen. Mit allem Eifer ward das erste Heft von Kranckes Exempelbüchern durchgerechnet, ward Exempel für Exempel eingeschrieben, Ebenso eifrig ward der kleine Ahe durchgenommen und theilweise die deutsche Grammatik von Hoffmann. Warnstedt wollte mich überreden Lehrer zu werden, aber ich konnte mich dazu nicht entschließen. Da wandte er sich an meine Eltern. Diese entschieden für den Lehrer, und ich gehorchte, gehorchte mit einem Widerstreben. Die Zeit musste nun besser angewandt werden, und ich nahm fortan mehr Stunden. Michaelis 1861 ward mein Lehrer nach Wulften bei Catlenburg versetzt, und ich trat dann in den Unterricht des Herrn Rectors Schreiber zu Winsen an der Luhe. Anfangs fühlte ich mich unglücklich in meinem Stande, aber nach und nach befreundete ich mich mit dem erwählten Berufe, aus der Treue, womit ich jede Unterweisung annahm, keimte die Lust am Werke. Der Umgang mit fröhlichen Kameraden gab dem Leben Heiterkeit, die Liebe, welche mir aufmunternd die Hand bot, machte Muth und allmählich erwachte meine Seele zum fröhlichen Leben. Den Herrn Rector Schreiber, der mit großer Freundlichkeit und Aufopferung junge Leute für das Schulfach vorbereitet und der ihnen nicht nur die Stunden nützlich, sondern auch in mannigfaltiger Hinsicht angenehm zu machen weiß, kann ich nicht genug danken. Mit allen Kenntnissen, die wahren Schulmännern geziemen, rüstet er seine Präparanden aus. Die Religion, die lieblichen Geschichten der Bibel übt er mit allem Ernst ein, damit sie späterhin solchen Samen als Lehrer in viele Kinderherzen streuen mögen. Geographie, Rechnen, Mathematik, Deutsch, Französisch, Lateinisch, Botanik, alles dieses sucht er seinen Zöglingen, wenn nicht gründlich, doch theilweise beizubringen. Musik und katechetische Übungen werden ebenfalls mit Fleiß getrieben. Unter seiner Anleitung hab ich mich auf den seminarischen Unterricht vorbereitet und gedachte Michaelis 1863, wills Gott, das Seminar erreichen. Zu dem Zwecke habe ich die Güte des Herrn Superintendenten Schultze zu Winsen an der Luhe in Anspruch genommen und den Herrn Superintendenten gebeten, daß er mich präsentieren möchte. Des allzu großen Zudranges wegen kann ich freilich nur wenig Hoffnung auf meine Aufnahme machen, aber ich will das Meinige thun und Gott mag sehen, wie Er mich durchbringt.

 

Winsen a/d Luhe
d. 20. August 1863            J.P.H. Tödter

 

Matth.: 6/33 Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit so wird euch solches alles zufallen.

Johann Peter Heinrich Tödter war Lehrer in Marmstorf und starb am 27. Juni 1911

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