Heimatverein Egestorf e.V.

Vom Badeteich zum Aquadies Egestorf

 

Alles begann in den 1930er Jahren. Die Fußballer des MTV Egestorf spielten auf dem Sportplatz „Schwarze Erde“ am Bahnhof und sahen danach entsprechend aus. Ein Bad oder eine Dusche hatte niemand, und so kamen die Sportler auf die Idee, aus der Quelle im Dorfpark einen Badeteich zu errichten. Mit Schaufeln wurde die Erde ausgehoben und mit Schubkarren und Pferdefuhrwerken abgefahren. Dies berichtete vor vielen Jahren der Egestorfer Ehrenbürger Herbert Rittmeyer, der auch dabei war. Es wurde ein idyllisch gelegener und beliebter Badeteich für alle Bürger, viele Kinder erlernten hier damals schon das Schwimmen. Es existieren noch einige Fotos aus dieser Zeit, der Kunstmaler Otto Thiele hielt das damalige Badeleben auf Ölbildern und Zeichnungen fest.

 

In den 1950er Jahren kamen wieder vermehrt Urlauber in den Ort, und so beschloss die Gemeinde, den Badeteich in ein richtiges Schwimmbad umzubauen, mit festen Mauern, einem Schwimmerbecken mit einem 3-m-Sprungbrett und zwei 1-m-Sprungbrettern sowie 6 Startblöcken für Schwimmfeste zur Freude aller Schwimmer. Auch die Nichtschwimmer bekamen ihr eigenes Becken, in der Mitte des Bades befand sich ein Holzsteg, darunter als Abtrennung Maschendraht. Der Boden bestand aus Kieselsteinen, im großen Becken aus Sand. Hier legte man später in den vorderen Bereich Betonplatten rein. Das Wasser der Quelle vom heutigen Teich am Schützenhaus floss ständig als Frischwasser zu, abgelassen wurde das überschüssige Wasser in die hinter dem Bad befindliche Wiese, im Herbst wurde das Becken leer gepumpt. In diesem Naturbad lebten viele Molche und Frösche. Saisonbeginn war jedes Jahr zu Pfingsten, die Familien trafen sich hier in Festtagskleidung zum Klönen, die Kinder wagten sich schon mal ins meistens noch sehr kalte Wasser.

 

Die Eröffnung des neu erbauten Schwimmbades fand am 15. August 1954 statt. „Das schönste Freibad im Landkreis“ berichtete der Winsener Anzeiger. Wegen der schlechten Witterung musste die Einweihung zweimal verschoben werden, auch am Festtag regnete es in Strömen. Nachdem sich die Prominenz von der einmaligen Anlage und seiner herrlichen Umgebung überzeugt hatte, hielt Bürgermeister Schlüschen die Eröffnungsrede und würdigte alle Bauhandwerker und besonders den Architekten Paul Juraschek aus Pattensen. Helmut Sitarz aus Egestorf durfte dann als erster Badegast unter dem Beifall der rund 100 Zuschauer eine Ehrenrunde schwimmen, Kinder und Jugendliche führten Spiele vor. Die Umkleidekabinen, Liegewiesen und der Eingangsbereich waren noch nicht fertig gestellt. Die Gemeinde erhoffte sich durch das Schwimmbad einen noch regeren Fremdenverkehr. Im Gasthaus Kruse fand ein kleiner Empfang mit Schinkenessen für die geladenen Gäste statt.

 

Der erste Bademeister (Aufsicht) war Karl Albers, auf ihn folgte bald Otto Mönckeberg, er wurde von den Kindern nur „Onkel Otto“ genannt und war immer zu Späßen aufgelegt. Seine Frau „Tante Meta“ verkaufte im kleinen Kiosk Süßigkeiten, Getränke und Eis. Die Kinder rätselten damals, ob Otto überhaupt schwimmen konnte, denn sie sahen ihn nie im Wasser - aber es gab ja Rettungsringe! Letzte Aufsichtsperson bis zum nächsten Umbau war Bruno Köpcke. Bei schönem Wetter kamen an den Wochenenden viele Gäste aus Hamburg und Besucher aus der Umgegend, die Liegewiesen und die Becken waren dann proppevoll. Die Egestorfer Schulkinder erhielten von der Lehrerin Anita Kalläne Schwimmunterricht, sie durfte auch Frei- und Fahrtenschwimmen abnehmen. Diese Leistung wurde sogar bei den Bundesjugendspielen der Schule mit Pluspunkten angerechnet.

 

Doch schon am Ende der 1960er Jahre genügte das Bad nicht mehr den Ansprüchen der Zeit, überall entstanden moderne beheizte Schwimmbäder. Und so beschloss 1971 der Egestorfer Gemeinderat unter der Führung des damaligen Bürgermeisters Hasso Ernst Neven es auf den neuesten Stand zu bringen. „Freibad der Bestimmung übergeben“ lautete die Überschrift im Winsener Anzeiger am 11. August 1972. Auch ein Rundwanderweg vom Campingplatz zum Schwimmbad wurde gleichzeitig eingeweiht, in Kutschen wurden die Ehrengäste befördert. Die Baukosten betrugen etwa 680.000 DM, es entstanden auch neue Umkleideräume mit „richtigen Toiletten“ und warmen Duschen (vorher gab es nur Plumpsklos und kalte Duschen auf dem Gelände), das Wasser konnte auf 23 Grad erwärmt werden. Erster Bademeister war Herr Baden, auf ihn folgte in den 1980er Jahren Will Schmidt.

 

Nach der Gemeindereform wurde das Egestorfer Schwimmbad an die Samtgemeinde Hanstedt abgegeben. Bereits im Mai 1981 hieß es: „Das Egestorfer Bad bleibt geschlossen“. Was war passiert? Die Sohle des Bades war aufgrund des hohen Grundwasserstandes hoch gedrückt worden. Bauexperten meinten, dass auch die Seitenwände einstürzen könnten, die Sanierung sollte ca. 200.000 DM kosten. Egestorf ohne Schwimmbad, das konnte sich kein Bürger vorstellen. Vorerst ging’s zum Schwimmen in die umliegenden Bäder. Es wurde dann aber repariert und der Badebetrieb ging weiter. Es dauerte nicht lange, und die nächste Reparatur stand an: Die Heizung war kaputt. Was nun? Sie wurde nicht repariert, die Egestorfer mussten wie früher in unbeheiztem Wasser schwimmen. Der Eintritt war ab jetzt frei.

 

Doch dann 1994: Waldbad in Egestorf vor dem Aus? Der Vertrag zwischen Hanstedt und Egestorf endete, die Gemeinde Egestorf bekam das Bad zurück. Die Anlagen aus dem Jahr 1972 waren veraltet. „Unser Waldbad wird nicht dichtgemacht“ versicherte 1996 Bürgermeister Walter Kruse. Die neue Lösung war zunächst eine Verkleinerung des Schwimmerbeckens um Kosten zu sparen.


1997 wurde der Förderverein Waldbad Egestorf gegründet, der sich bis heute für die Erhaltung einsetzt. Große Summen konnte er an die Gemeinde in all den Jahren abführen, vor allen Dingen aus den Erlösen der beliebten „Oldie-Night“ und von den Beiträgen der vielen Mitglieder. „Es geht voran im Egestorfer Waldbad“ berichteten die Zeitungen 1999. Es liefen Planungen für ein Naturbad, ganz im Trend der Zeit, gesundes Badewasser ohne Chemie. Nach ersten Schätzungen betragen die Baukosten um die 3,9 Millionen DM.

Am 17. Mai 2003 wurde das Naturerlebnisbad „Aquadies“ mit einer großen Eröffnungsfeier der Öffentlichkeit übergeben. Das Wetter war - wie schon 1954 - regnerisch, trotzdem kamen ca. 500 Besucher. Als erste Schwimmer sprangen Bürgermeister Walter Kruse, Landrat Axel Gedaschko, Fördervereins-Vorsitzender Erhard Lipke und Bademeister Gerd Döhrmann ins kühle Nass. Es war eine Super-Eröffnungsfeier mit vielen Festreden und Vorführungen, mit Kaffe und Kuchen, Speisen und Getränken für alle Gäste. Die Umbaukosten betrugen 650.000 Euro, sie wurden von der Gemeinde Egestorf, dem Aufbaufonds Hamburg-Niedersachsen, der Samtgemeinde Hanstedt, der Bingo-Lotto-Gesellschaft und dem Förderverein Waldbad aufgebracht. Fördervereins-Mitglieder leisteten viele Arbeitseinsätze und trugen hiermit zur Kostenreduzierung bei.

 

Die Egestorfer hatten es wieder einmal geschafft ihr wunderschönes Waldbad neu zu gestalten und zu erhalten. Es ist weiterhin Treffpunkt für viele Bürger, für Jung und Alt, für Urlauber und Tagesgäste.

 

EDV-gestützter Abruf von Inventar- und Archivgut 

 

Die Bestände der Gemeinde Egestorf und des Heimatvereins wurden in einer umfangreichen Datenbank erfasst.


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