Heimatverein Egestorf e.V.

Sommerzeit - Bickbeer (Heidelbeer-) zeit. Schon immer waren die kleinen blauen Beeren sehr begehrt, sie sind gesund und vitaminreich. Vielen ist nicht bekannt, dass deren Verkauf bereits vor über 200 Jahren und noch bis in die 1960er Jahre viele Haushaltskassen aufbesserte. Dr. Rolf Lüer aus Egestorf verfasste 2003 einen Bericht über die Bickbeerernte in früherer Zeit, hier einige Auszüge:

Ich kann mich noch gut daran erinnern: In meiner Kinderzeit in den 1930er Jahren gingen im Juli morgens oder mittags viele Frauen mit blauer Schürze, Kopftuch und am Arm einen geflochtenen Weidenkorb in den Wald. Die Bickbeerernte hatte begonnen. Häufiges Ziel waren die Egestorfer und Döhler Fuhren, wo unter lichten, schon etwas älteren Kiefernbeständen der Waldboden großflächig mit Bickbeersträuchern bedeckt war, die in guten Jahren ergiebige Ernten lieferten.

Abends kehrten die Frauen mit vollen Körben zurück. Bei der Kirche wartete schon der Aufkäufer mit seinem Dreirad-Tempo-Lieferwagen. Nach meiner Erinnerung lag der Preis damals um 20 Pfennig das Pfund. Beim Aufkäufer trat auch die Windfege in Aktion. Das war ein Schaufelrad in einem auf Füßen stehenden Holzzylinder. Durch Drehen des Schaufelrades entstand ein Windstrom, der nach außen abgeleitet wurde. Die Bickbeeren wurden vor dem Luftstrom ausgeschüttet, Laub und Tannennadeln wurden auf diese Weise aus den Beeren entfernt.

 

In den Sommermonaten vor der Ernte war in den rein auf Landwirtschaft ausgerichteten Dörfern das Bargeld knapp. Auch die örtliche Spar- und Darlehnskasse war in ihrer Liquidität eingeengt. Es wird erzählt, der Rendant habe im Juli gesagt, jetzt würde die Geldlage besser, das Bickbeergeld käme herein. Die Bickbeerernte war also auch von nicht geringer wirtschaftlicher Bedeutung. Das wurde im Lüneburger Heimatbuch im Kapitel für Forstwesen so dargestellt:

...Dahin gehört in erster Reihe die Ernte der Waldbeeren, hauptsächlich der Heidel- oder Bickbeeren, der Kronsbeeren, früher auch Wacholderbeeren. Schon in früherer Zeit ist die Beerenernte hier von Bedeutung gewesen und hat schon immer, besonders in guten Jahren, die Bevölkerung beinahe krankhaft bewegt. Im Jahre 1862 wurden auf der Harburger Bahn 1.563 Zentner Bickbeeren, 2.752 Zentner Kronsbeeren, 206 Zentner Wacholderbeeren, insgesamt 4.521 Zentner Waldbeeren verfrachtet. Aus der Bickbeerenausfuhr aus der Gegend bei Harburg wurden in den Jahren 1780 bis 1787 67.320 Taler, also im Durchschnitt jährlich 8.445 Taler gelöst.

 

Der Lübberstedter Lehrer Ernst Krüger berichtet in der Schulchronik über die Bickbeerernte im Jahre 1903:

 

…Die heurige Bickbeerenernte war recht ergiebig. Die feuchte Witterung im Juli und August scheint besonders günstig auf das Wachstum der Beeren eingewirkt zu haben. Die Ernte dauerte infolgedessen bis zum September. Der Preis betrug im Anfang 12 Pf. pro Pfund, fiel eine kurze Zeit auf 8 Pf. um dann wieder auf 12 Pf. Zu steigen. Die Beerengänger hatten dann auch einen schönen Verdienst zu verzeichnen. Namentlich erwarb sich unsere Schuljugend in den Ferien und nachher an den freien Nachmittagen manche Mark für die Sparbüchse. Es wurde von 26 Kindern im Alter von 6 – 13 Jahren 560 Mark verdient. Von den beiden hiesigen Aufkäufern, deren Gebiet sich über den fiskalischen Forstort Spann und einen Teil des angrenzenden Eyendorfer Waldes erstreckt, wurden ca. 27.000 Pfund Bickbeeren nach Hamburg geliefert, das ergibt, als Durchschnittspreis 10 Pfennige gerechnet, die respektable Summe von 2.700 Mark, die uns das kleine blauschwarze Beerlein eingebracht hat.

EDV-gestützter Abruf von Inventar- und Archivgut 

 

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