Heimatverein Egestorf e.V.

Was kochten die Egestorfer in früheren Zeiten?

 

Winterzeit war in früheren Zeiten auf dem Dorf auch „Schlachtezeit“. Die Dorfbevölkerung deckte sich mit dem lebensnotwendigen Fleisch für das ganze Jahr ein.  Noch vor fünfzig Jahren hielten sich nicht nur die Landwirte, sondern viele Familien Schweine und manchmal Rinder. In den Zeiten davor gab es kaum einen Haushalt ohne Viehhaltung.  Vor Weihnachten wurde das erste Schwein geschlachtet, ein weiteres dann im neuen Jahr. Die Bauern schlachteten zusätzlich mindestens ein Rind, bis ca. 1900 auch Schafe (Heidschnucken). Die letzte Schnuckenherde in Egestorf hielt Bauer Jobmann bis 1901. Das Schlachtfest war damals für alle ein wichtiges Fest. Der Hausschlachter tötete das Tier mit einem Bolzenschuß. Die Nachbarn kamen zu Hilfe, um es festzuhalten und aufzuhängen, die Hausfrau musste das Blut auffangen und rühren. Als Dank wurde dann an die Helfer Schnaps und Grog ausgeschenkt, oftmals reichlich. Kinder versuchten, den Schweineschwanz zu ergattern um ihn dann irgendeiner Person hinten anzustecken. Es kam vor, dass er mit in die Schule genommen wurde und der Lehrer „das Opfer“ war. Mittags kam der Trichinenbeschauer und besah sich  Fleischproben im mitgebrachten Mikroskop. Nachmittags wurde die Wurst hergestellt, zuletzt die Mettwurst gestopft. Die Wurstdosen wurden zugedreht und im Kessel gekocht, die Darmwürste in die Räucherkammer gebracht, Schinken eingesalzen usw.. Abends wurde  Brühe in  Kannen eingefüllt und an alle Familien in der Straße verteilt, die Kinder erhielten kleine Grützwürste, die der Hausschlachter extra für sie herstellte. Zum Schluss des Schlachtefestes wurden die Nachbarn zum Festmahl eingeladen, es gab Brühsuppe, Kartoffelsalat und frisches Wellfleisch.

Unser Heimatforscher Kantor Heinrich Schulz schrieb auf, wovon man sich vor 150 Jahren – also um 1860 – ernährte:

Für alle, die in normalen Zeiten über einen wenig reichhaltigen oder abwechslungsreichen Mittagstisch glaubten klagen zu müssen, darf ich hier wiedergeben, was mir der alte Vater Jobmann aus seiner Jugend über das Kochen und Essen erzählte. Auf dem Hofe seines Vaters (Anm.: Hof Nr. 6, Jobmanns – Ohla, jetzt Ebbighausen, Lübberstedter Straße)  wurden alljährlich eine Kuh zu Weihnachten und zwei Schweine zu Lichtmeß (2. Februar)  geschlachtet. Der Küchenzettel konnte ohne viel Kopfzerbrechen für ein Jahr im Voraus gemacht werden: Von Weihnachten bis Ostern gab es zu Mittag Schwarzsauer vom Rind, von Ostern bis Mai Weißsauer vom Schwein, von da an bis zum Egestorfer Markt (Oktober)  Buchweizenklöße und Kartoffeln mit ausgebratenem Speck und Oel in einer gemeinschaftlichen Pfanne, vom Markt bis Weihnachten Schwarzsauer vom Schaf. Damit war das Küchenjahr herum, und es beklagte sich niemand über schlechtes Essen. Als Festtagsessen gab es zum Egestorfer Markt zum ersten Mal Weißkohl mit Schaffleisch. Fleisch im engeren Sinne, d.h. Rauchfleisch, gab es in der Woche einmal, am Donnerstag, außer in den Fasten, wo es freitags Fleisch gab, wohl um den Tag als Kirchtag auszuzeichnen. Des Morgens bereitete man im Sommer eine Milch-, Mehl- oder Brotsuppe, im Winter wurde jeden Morgen Erbsen- oder Kohlsuppe gegessen, die am Sonntag für die ganze Woche im Voraus gekocht wurde. Kaffee tranken nur Vater und Mutter. Des Abends gab es jahraus,  jahrein Bratkartoffeln, nicht mit Speck sondern mit Brot. Feinbrot von Roggenmehl, wie es in Friedenszeiten gewöhnlich gegessen wurde, gab es nur an Festtagen und wenn zum ersten Mal vom neuen Roggen gebacken wurde. Sonst aß man nur das kräftige Grobbrot. Das nötige Oel wurde durch den Anbau von einem Stück Raps gewonnen. Diesen konnte man jeden Sonnabend in der Sudermühle schlagen lassen.

 

Einen besonderen Gemüsegarten hatte die Bauersfrau nicht nötig, wohl aber hatte sie gern einen eingefriedeten Kohlgarten beim Hause, um den für die winterliche Morgensuppe so nötigen Grünkohl gegen die Hasen besser schützen zu können.“ Da lobt man sich dochj unseren heutigen Speiseplan.


 

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