Heimatverein Egestorf e.V.

Immen un Schaap ernährt dann‘ Buern in‘n Slaap

Bienen und Schafe ernähren den Bauern im Schlaf, lautet ein altes Sprichwort. Zu einem Heidebauernhof gehörten bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine Imkerei und eine Schäferei zur Bewirtschaftung dazu. Diese beiden Erwerbszweige wurden oftmals von den auf dem Hof verbliebenen Brüdern des Bauern betrieben.

Geimkert wurde mit Körben, dem „Lüneburger Stülper“. Sie wurden an einer geschützten Stelle in Hofnähe aufgestellt. Dafür baute man einen hölzernen Zaun, den sog. Bienenzaun (Immentun) im Viereck auf. Dort hinein stellte der Imker die Körbe, darunter auch „Bannkörbe“. Sie trugen menschliche Gesichter und sollten Krankheiten und Unglück von den Bienen abhalten und auch Diebe abschrecken. Zum Abdichten der Ritzen verwendete man die Ausscheidungen der Kühe, sie wurden mit den Händen aufgetragen.

Die Ernte fand meist nur einmal im Jahr nach der Heideblüte statt. Nur wenn einzelne Imker mit Pferd und Wagen die Körbe in die Marsch zur Obstblüte brachten, begann die Ernte bereits im Sommer. Hierbei wurden die vollen Waben herausgeschnitten, zuvor trommelte der Imker die Bienen in einen darunter befindlichen leeren Korb. Der Honig wurde als Scheibenhonig verkauft, aber auch in einer Presse verarbeitet und als Presshonig angeboten. Der würzige Heidehonig war und ist noch immer sehr beliebt. Noch im 19. Jahrhundert gab der Bauer bei Heirat seiner Kinder Honig als Mitgift. Ursprünglich wurde er überwiegend als Süßungsmittel verwendet. Sehr wichtig war auch das Bienenwachs für die Kerzenherstellung. Was der Imker nicht für den Eigenbedarf benötigte, verkaufte er auf Märkten in den Städten, die Ware brachte einen guten Verdienst. Evendorf war eine „Hochburg“ der Imkerei. Die Imker fuhren noch in den 1920er Jahren mit der Bahn bis nach Berlin, um ihren Honig zu verkaufen. Sie blieben dort mitunter zwei bis drei Monate.

In der heutigen Zeit werden auf den Höfen nur noch selten Bienen gehalten. Die überwiegende Zahl der Imker übt die Bienenhaltung als Hobby aus, in ganz Deutschland imkern auch zahlreiche Bienenzüchter beruflich. Die Bienen werden in Kästen (Beuten) mit Rähmchen gehalten, nur einzelne Heideimker arbeiten noch mit Körben. Der Honig wird meistens dreimal im Jahr geschleudert und abgefüllt in Gläsern verkauft.

Wichtig für die Heidebauern war in den vergangenen Jahrhunderten die Heidschnuckenhaltung. Alle größeren Höfe besaßen eine Herde mit ca. 100 bis 120 Tieren. Sie wurden in einem „Binnen- und Butenkaben“, d. h. in einem Stall auf dem Hofgelände oder in der Heidelandschaft gehalten. Die genügsamen Tiere ernährten sich von der Besenheide und Sämlingen auf den Heideflächen. Die Schnucken waren wertvolle Lieferanten von Fleisch und Wolle, den Dung brachte der Bauer auf die Felder. Der Schäfer strickte beim Hüten der Herde Strümpfe (genannt Hasen) und Handschuhe, die er auf dem Markt verkaufte.

Die überzähligen Schnucken wurden von Michaelis (29. September) bis Weihnachten geschlachtet. Aus einem Großteil des Fleisches stellte die Hausfrau wegen der längeren Haltbarkeit süßsaures „Swattsur“ (Schwarzsauer) her. Die getrockneten Därme dienten als Nahtmaterial, Knochen, Klauen und Hörner holten konzessionierte Sammler für die Leimherstellung ab. Diesen benötigten die Papierfabriken. Von dem gegerbten Fell nähte der Dorfschneider „Sonntagshosen“, alltags trug der Bauer Beiderwand-Kniebundhosen und bei der Schmutzarbeit die „Sludderbüx“ aus Hanfleinen.

Das Ende der Schnuckenhaltung begann um 1900. Die Wolle war nichts mehr wert, in den neu entstandenen Fabriken verwendete man importierte und viel weichere Wolle aus Australien und anderen Teilen der Erde. Auch die Nachfrage nach dem streng schmeckenden Fleisch sank. Die letzte Schnuckenherde in Egestorf hielt bis ca. 1910 der Höfner Peter Jobmann. In der Feldmark standen die mit Roggenstroh und Heide eingedeckten Ställe noch viele Jahre, einige brannten ab oder sie verfielen. Mitunter fanden Festlichkeiten oder Jagdgesellschaften darin statt. In Egestorf wird der letzte noch erhaltene Stall vom Orthhof auf dem „Osterberg“ heute für die Gastronomie genutzt. Er wurde vor vielen Jahren von Kindern angezündet und vom damaligen Besitzer Gerhard Allerding wieder aufgebaut.
In Evendorf besteht noch an der Straße in Richtung Soderstorf auf der rechten Seite der alte Schafstall vom Hof Niemann. In Döhle hielt der Hof Buchholz als einziger in der Gemeinde Egestorf bis vor einigen Jahren eine größere Heidschnuckenherde. Er bekam mehrmals Preise und Auszeichnungen für die Zuchtböcke. Der Verein Naturschutzpark besitzt seit langer Zeit einige Herden, er übernahm auch die von Familie Buchholz. Sie werden zur Heidepflege eingesetzt. Jedes Jahr beginnt im Herbst der Verkauf und die Schlachtung der überzähligen Tiere. Heidschnuckenbraten ist wieder „in“ und in den Heide-Restaurants zur Spezialität geworden.

Aus dem Buch „Egestorfer Geschichte(n)“ (Marlies Schwanitz - 2022 Heimatverein Egestorf)

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