Heimatverein Egestorf e.V.

Hexenprozesse in Winsen (Luhe)

36 Frauen und 2 Männer wurde in der Zeit von 1610 bis 1618 der Prozess wegen Hexerei gemacht. Im Schloss zu Winsen zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt starben einige bereits während oder nach der Folter. Auch zwei Frauen aus Sahrendorf - Margarete Schlaphof und Anneke Schmed - verbrannten grausam auf der Richtstätte vor den Stadttoren an der Lüneburger Straße.

Unser Egestorfer Heimatforscher Kantor Heinrich Schulz hat die Prozessprotokolle, die im Staatsarchiv in Hannover aufbewahrt werden, Ende der 1920er Jahre abgeschrieben. Der Heimatverein veröffentlichte sie 2006, großen Anteil daran hatte Herr Karl Lemcke aus Evendorf. Die Protokolle des Jahres 1611 enthalten viele Einzelheiten, die späteren sind kürzer gefasst. Darin werden Folterungen beschrieben, Hinrichtungen durch Lebendverbrennung waren damals selbstverständlich, sind aber nicht in allen Protokollen erwähnt. Kantor Schulz nannte die Angeklagten nur in den Überschriften „Hexen“, in den Protokollen werden sie als „Zauberinnen“ bezeichnet.

Im Winsener Schloss regierte zur Zeit der Hexenprozesse Herzogin Dorothea, die Witwe Herzog Wilhelms des Jüngeren von Braunschweig-Lüneburg. In den Protokollen wird sie nicht namentlich erwähnt, wahrscheinlich war sie bei den Verhandlungen auch nicht anwesend. Nur in einer Eidesformel vom 12.02.1611 wird die „hochgemeldete gnädigste Fürstin und Frau“ genannt, Kantor Schulz fügte den Namen Dorothea in Klammern ein. Der wichtigste Mann war vermutlich der Amtmann Kahrstetten. Er dürfte für alle Folterungen und Urteile verantwortlich gewesen sein.

Im Jahr 1612 wurden 13 Frauen, 4 aus Bütlingen, 2 aus Bardowick und je eine aus Laßrönne, Dreckharburg, Ashausen, Scharmbeck, Toppenstedt, Sahrendorf und Mover wegen Zauberei angeklagt. Die Geständnisse sind während der Folter erzwungen worden.

Margarete Schlaphof in Sahrendorf,
„am folgenden Tage, 27. Juni 1612 mit der Tortur belegt, bekennt: Ihr Buhle (Geliebter) heiße Philipps; von Tidke Witte aus Stelle sei er ihr zugewiesen. An einem Donnerstag sei er zum erstenmal zu ihr gekommen und hätte ihr einen Taler mitgebracht; wie sie ihn aber hinnehmen wolle, wäre es Dreck geworden. Darauf hätte ihr Buhle sie angereizet, Böses zu tun und ihr dazu zu unterschiedlichen Malen ein bös Pulver, das wie Mehl gewesen, gebracht, womit sie auf Befehl ihres Buhlen verschiedenen Leuten zu Toppenstedt, Sahrendorf, Gödenstorf, Egestorf, Volkwardingen, Eyendorf und Raven bald Pferde, bald Kühe, bald Kälber umgebracht. Auch ihres Mannes Bruder Paul Gellersen zu Volkwardingen habe sie vor 9 Jahren auf Anreizung ihres Buhlen, da sie ihm Wasser geholt, das Pulver hineingegeben, daran er gestorben sei.“

Anneke Schmed (Schmidt) von Sahrendorf
„Am 2. November 1614 gütlich und peinlich verhört, bekennt, dass die alte Schmiedsche zu Sahrendorf ihr vor 2 Jahren die Zauberkunst gelehrt und ihr einen Buhlen namens Lütke zugebracht. Als Lehrlohn habe sie der alten Schmiedschen eine neue Mütze gegeben. Ihr Buhle habe ein schwarzes Wams, weiße Hosen, einen Hut mit Federbusch gehabt, und der rechte Fuß sein ihm gleich einem Hundefuß gewesen. Zum Kennzeichen habe er ihr eine blutige Wunde am Kopfe beigebracht und ihr zugesaget, sie zu ernähren; auch ihr ein schwarz Pulver aufm Donnerstag gebracht, damit sie Menschen und Vieh vergeben sollte. Dies Pulver habe sie erst an ihrem eigenen weißen Ferkel probiert und alsdann damit allerlei fremdes Vieh aus Rache wider ihre Besitzer umgebracht.

Unter den Schmerzen der Folter behauptet die Angeklagte, sie habe im vergangenen Winter dem Lüdeke Ahlers zu Sahrendorf ein paar Schafe umgebracht, wogegen letzterer, vom Amtsvogt darüber gefragt, zu Protokoll erklärt, seit 6 oder 7 Jahren gar keine Schafe mehr gehabt zu haben, bekennt die Angeklagte, der Ursul Rieckmann zu Haverbeck ein Kalb umgebracht zu haben, während Ursul Rieckmann doch erklärt, gar keine Kälber aufziehen zu können. Die Angeklagte bekennt ferner auf der Folter, dass die Christoph Meyer zu Brauel im Kirchspiel Schneverdingen vor einem Jahr um Pfingsten einen griesen Stier umgebracht, weil er ihr die abgekaufte Kuh nicht völlig bezahlen wollte; der betr. Christoph Meyer sagt dagegen, er kenne sie nicht, habe auch noch viel weniger ihr die Kuh abgekauft, ihm sei auch kein grieser Stier, sondern sonsten wohl jung Gut abgestorben. Hans Albers zu Undeloh dagegen, der Angeklagten bekannt, ein Schaft vor einem Jahr in den Fasten mit dem Pulver vergeben zu haben, weil er ihr mit 4 Schilling Pfluggeld gemahnt, erklärt, ihm seien viel und mehr als ein Schaft in angedeuteter Zeit abgestorben, gesteht auch und weiß sich sehr wohl zu erinnern, dass er sie um das Pfluggeld gemahnet.
Endlich bekennt die Angeklagte, dass Hein Schmid ein Wehrwolf sei und habe einen rauen Gürtel, einer Hand breit. Wenn er den Gürtel umspannte, würde er ein Wolf, hat auch nach Ostern Lütken Alves ein Pferd niedergerissen und umgebracht. Hat Hein Schmidt Peter Beken zu Hunden ein Pferd in den Fasten niedergerissen und umgebracht, weil er Hein Schmidt nicht dienen wollte. Auch Lütke Müller sei ein solcher Wolf und habe einen solchen Riemen gleich Hein Schmidt.“

Helmut Lehnberg, Hauptlehrer in Egestorf von 1928 bis 1965, schrieb die Hexenprozesse 1971 maschinenschriftlich ab und schließt den Bericht mit folgenden Worten:
„Diese Dokumente aus einer überwundenen Zeit mögen die Menschen mahnen, ihre Mitmenschen zu verstehen, wenn sie auch Schwächen haben.“

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